vendredi 10 juillet 2015

"Grexit" vs. Geostrategie

Die USA halten sich in Fragen um den "Grexit" auffällig bedeckt. Offiziell stellt sich Obama nur als der gute Onkel dar, der seine Kinder aufmuntert, sich wieder zu vertragen.

Die Medien berichten dagegen von intensiven Kontakten der USA mit den Euro-Staaten auf Regierungsebene, die auf eine schnellstmögliche Beilegung drängen. Die primäre Maßgabe ist dabei die innenpolitische Stabilität Griechenlands, die zur Zeit akut auf dem Spiel steht.

Der GAU wären weitere soziale Verwerfungen, die bei einer für die Bürger Griechenlands un- oder schwer erträglichen "Einigung" mit Brüssel sehr wahrscheinlich würden. Ein wohl unausweichliches Folgeszenario wären Neuwahlen, die Griechenland als weiterhin verlässliches NATO-Mitglied und als innen- und außenpolitisch stabiles Land sehr in Frage stellen dürfte. Mit diesem Joker und ablaufenden Fristen hat Tsipras bisher erfolgreich gepokert, aber er hat eben keinen Royal Flush auf der Hand.

Tsipras scheint das verstanden zu haben, und er betreibt jetzt Allparteiengespräche, um eine parlamentarische Mehrheit für seine aktuellen Sparpläne herzustellen. Tsipras größte Opposition, die liberal-konservative Nea Dimokratia, hat sich für dessen Unterstützung ausgesprochen. Auch andere Parteien haben Kooperation signalisiert. Der größte Widerstand kommt ausgerechnet von der linken SYRIZA, der Partei, deren Vorsitzender Tsipras ist. Aus Brüssel, vom IWF und von den sonst eher angstgesteuerten Börsen gibt es Signale, dass die griechischen Sparpläne eine akzeptable Basis für weitere Verhandlungen sein könnten. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang eine Verlautbarung des IWF, nach der Griechenlands Finanzbedarf erheblich höher sein wird als bisher veranschlagt. Dies könnte ein Signal an die Finanzmärkte sein, nach einer Einigung mit Griechenland dort zu investieren.

Es wird in der nächsten Zeit darum gehen, der Bevölkerung und den Parlamenten in Griechenland und in Europa diese Einigung als die Lösung des gordischen Knotens zu verkaufen wohl wissend, dass mit einer Einigung grundsätzlich eine Ansteckungsgefahr für andere Euro-Staaten verbunden ist. Bisher ist nicht erkennbar, ob den Entscheidern wirklich bewusst ist, dass eine Einigung zwischen Athen und Brüssel zu bisher nicht gekannter Uneinigkeit innerhalb Europas führen kann.

Die entstehenden innereuropäischen Differenzen sollten die USA zunächst nicht weiter interessieren, so lange deren geopolitische Ansprüche umgesetzt werden. Möglicherweise kommt den wirtschaftlichen Interessen der USA und deren Durchsetzung sogar ein uneiniges Europa entgegen.

Wie die ganze Geschichte auch ausgeht: Europa hängt jetzt schon am Fliegenfänger.

Wie war das noch bei der Aufnahme Griechenlands in den Euro? Wurde die kreative Buchhaltung - eines der Aufnahmekriterien in den Euroraum - der damaligen griechischen Regierung von Brüssel und Straßburg nicht mehr oder weniger augenzwinkernd hingenommen? Darauf angesprochen reagieren die damaligen Zwinkerer heute mit auffällig fragilen Wortkonstrukten.

Aus heutiger Sicht wusste damals eigentlich schon jeder Bescheid. Warum aber wurden die damaligen Bedenken so einfach unter den Tisch gekehrt?

Sollte das damit zu tun gehabt haben, dass zu Zeiten des griechischen Eintritts in den Euro ein geostrategisch verlässlicher NATO-Partner im Einzugsgebiet des damals instabilen Balkan und an der südwestlichen Grenze zum Einflussbereich Russlands gebraucht wurde?


"Grexit" vs. Geostrategie

Aucun commentaire:

Enregistrer un commentaire